Eine Rangerführung durch den Frühlingswald auf der Nordhelle

Alles neu macht der Mai. Das ist auch das Motto der Führung Ebbegebirge im Frühjahr mit Ranger Christoph Nolte. Sie widmet sich besonders den farbenfrohen Frühblühern, die zwischen den vielen Grünschattierungen aufblitzen und führt auf der Nordhelle vorbei an Quellen und Hangmooren. Neben spannenden Entdeckungen und wertvollen Informationen sind tolle Panoramablicke auf der acht Kilometer langen Wanderung inklusive. 


Die Vorzeichen waren nicht gut. Am Vortag hatte es in Strömen geregnet. Echte Bindfäden, die sich selbst bei wetterfester Kleidung bis auf die Haut vorarbeiteten konnten. Ein dunkler Tag, wie man ihn im Mai eigentlich nicht erwartet. Mit bunten, abgeregneten Blütenteppichen unter Bäumen. Umso größer die Überraschung, als am Morgen die Sonne durch die Wolken blinzelt. Sie übertreibt es nicht, doch sie scheint zu sagen „Hey, ich bin noch da.“

Eine gute Nachricht. Denn am Telefon hieß es einige Tage zuvor: „Die Führung findet grundsätzlich statt. Nur bei Starkregen oder Sturm fällt sie aus.“ Alles klar, es kann also losgehen. Schon bald ist der große Wanderparkplatz an der Nordhelle erreicht, umgeben von frischem Grün. Nach und nach trudeln die Teilnehmer ein. Die Luft ist feucht, der Boden auch, und alle entscheiden sich für die halbhohen Wanderschuhe. Ein kleiner Trupp von sechs Leuten kommt zusammen, vier Männer und zwei Frauen. 


Eine eigene Welt am Wegesrand

Während wir auf eventuelle Nachzügler warten, begrüßt uns Christoph Nolte, Ranger beim Landesverband Wald und Holz Nordrhein-Westfalen. Er stellt seine Tätigkeit kurz vor. Seine Hauptaufgabe: Umweltbildung. Meist für Kinder und Jugendliche, bei denen man – insbesondere, wenn sie aus städtischen Regionen kommen – mit den Naturthemen immer öfter bei null anfangen muss, wie er sagt. 

Bei den Führungen für Erwachsene geht es neben der Bekanntschaft mit Naturschönheiten auch um Sensibilisierung: Denn Müll gehört ebensowenig in den Wald wie brennende Zigaretten, vor allem im Sommer. Forst- und Wanderwege sind auch keine Pisten für Motorräder oder Quads. Eigentlich selbstverständlich, sollte man meinen. Ist es aber scheinbar nicht. Im Einsatz sind er und seine Kollegen aus Südwestfalen auf dem Rothaarsteig, auf der Sauerland Waldroute und – wie wir heute – auf dem Sauerland Höhenflug. 

Als klar ist, dass wir vollständig sind, wandern wir los. Wie es scheint, mitten hinein ins sprießende Grün des Nordrhein-Westfälischen Staatswalds – aber natürlich auf dem Weg, dem Höhenflug. Schon kurz nach dem Aufbruch fällt einem der Teilnehmer die Baumform in einer kleinen Fichtengruppe auf. Gut bemerkt, denn tatsächlich ist es eine spezielle Art. „Die serbische Fichte ist besonders schmal. Sie wird gerne in den Höhenlagen gepflanzt, weil sie nicht so anfällig für Schneebruch ist“, erklärt Christoph Nolte. Schließlich ist die Nordhelle, an deren Flanke wir uns bewegen, mit 663 Metern der höchste Berg im Märkischen Sauerland.

Kurz darauf greift Christoph Nolte das erste Mal ins Grüne und zupft eine Pflanze mit kleinen weißen Blüten ab, die am Wegesrand eher unauffällig wirkt – vor allem, wenn man noch keinen Blick für die kleinen Schönheiten entwickelt hat. „Das ist die Knoblauchsrauke. Wenn Sie die Blätter verreiben, riechen Sie, woher ihr Name kommt“, sagt er lächelnd. Schon bald nimmt er die nächste Pflanze ins Visier: Das Scharbockskraut mit seinen leuchtend gelben Blüten hat was von einer Butterblume, allerdings sind die Blütenblätter spitz. „Der Name Scharbock bedeutet Skorbut. Das Kraut enthält viel Vitamin C und konnte die Krankheit verhindern“, erläutert Christoph Nolte. 

Wir passieren eine Eberesche, besser bekannt als Vogelbeere. Wie Christoph Nolte berichtet, ernähren die Beeren rund 30 Vogelarten, was den Namen erklärt. Auch verschiedene Insektenarten naschen daran. Von den prachtvollen Blüten ist noch nichts zu sehen. Aus ihnen entstehen später die orangen Beeren, die entgegen der verbreiteten Meinung nicht giftig sind. In früheren Zeiten haben die Bauern auch ihre Schweine zum Fressen in die Wälder getrieben, sie waren auf die Beeren ganz versessen. Christoph Nolte schwärmt außerdem vom außergewöhnlich schönen, hellen Holz, das aus ihr gewonnen wird. 



Tour mit Panorama

Leicht bergan geht es weiter, rechts zeigt sich ein großer Bereich mit jungem Laubwald in zartem Grün. Zwei bis drei Meter ragen sie in den Himmel, Birken sind zu erkennen. „Das ist eine ehemalige Kyrill-Fläche“, berichtet Christoph Nolte. „Der Sturm im Januar 2007 hatte hier alles zerstört. Und jetzt haben wir wieder einen tollen Laubwald.“ „Haben sich die Bäume selbst ausgesät?“, fragt eine der Teilnehmerinnen. Teils, teils.

Christoph Nolte erläutert, dass der junge Wald durch eine Mischung aus Anflug und Kulturpflanzung entstand. Birken und Ebereschen waren die Pioniere. Dann wurden Eichen und Bergahorn zusätzlich gesetzt. Denn Birken- und Eschenlaub ist für sie perfekter Dünger. 

Kurz nach einem Abzweig wendet sich Christoph Nolte wieder den Frühblühern am Boden zu und pflückt ein besonders hübsches Exemplar in Blau-Violett. „Das ist ein Waldveilchen“, stellt er die Pflanze vor. „Es hat einen ganz besonderen Trick, um sich fortzupflanzen. Der Samen ist umgeben von einer süßen Flüssigkeit, die die Ameisen anlockt. Sie tragen den Samen dann in andere Gebiete.“

Auf der anderen Seite des Weges sieht es allerdings nicht ganz so hübsch aus, denn dort hat sich der Borkenkäfer offenbar sehr heimisch gefühlt. Nach dem Ausräumen ist viel Totholz geblieben, das nicht mehr wirtschaftlich zu verwerten ist. Zu sehen ist jedoch auch, dass sich auf der Fläche bereits wieder heimische Sträucher und Bäume ansiedeln. 



Inzwischen zeigt uns Christoph Nolte weitere Pflanzen am Boden. Den Huflattich zum Beispiel, eine Heilpflanze mit sehr großen Blättern, die eine weiche Unterseite haben. Er empfiehlt sie als Toilettenpapier im Wald, denn entgegen der landläufigen Meinung brauchen Papiertaschentücher bis zu fünf Jahre, um zu verrotten. Auch der Spitzwegerich, der häufig am Wegesrand zu finden ist, hat relativ große Blätter. Deren Saft wirkt antibakteriell. Vermischt mit Spucke ist er zum Beispiel ein schnelles und wirksames Mittel gegen Insektenstiche. Seine ährenartigen Blüten stehen auf langen Stängeln. 

Ganz anders die Gänseblümchen mit weißem Blütenblätterkranz und gelber Blüte. Da sie fast das ganze Jahr blühen, sind sie auch unter dem Namen Immerschön bekannt. In unmittelbarer Nähe finden sich im Unterholz weite Felder mit Waldheidelbeeren. Ihre kleinen, hängenden Blüten sind im dichten Grün kaum auszumachen. Später finden wir Bereiche, in denen Waldheidelbeeren und Preiselbeeren wachsen – zu erkennen an den dunkleren Blättern.



Wir wandern jetzt am nördlichen Hang der Nordhelle. Hangabwärts ist der Wald nach trockenen Jahren und Borkenkäferbefall nicht mehr so dicht, wie er mal war. Hangaufwärts zeigt uns Christoph Nolte eine Lärche, an deren Stamm sich ein Pilz angesiedelt hat. „Dieser Baum war geschwächt und wurde dann vom Zunderschwamm befallen“, erklärt Christoph Nolte. „Anders als zum Beispiel Steinpilze, die mit den Bäumen in einer Symbiose leben, ist er ein Parasit und zerfrisst das Holz. Man kann davon ausgehen, dass der Baum bereits tot ist.“ Ein Bild, das traurig stimmt, zumal es auf unserer Runde nicht der letzte befallene Baum sein wird. Der Zunderschwamm trägt seinen Namen übrigens nicht von ungefähr, er wurde in früheren Zeiten zum Feuermachen verwendet. 

In Richtung Norden bietet sich jetzt an vielen Stellen ein atemberaubendes Panorama über Weiden und Äcker, aber auch über geräumte Waldflächen hinweg, die vielleicht sogenannte Sukzessionsflächen bleiben, in denen sich der Wald weitgehend selbst regeneriert. Herscheid liegt idyllisch an einem Hang gegenüber – passend steht hier unter Kastanien ein Waldsofa bereit. Wenig später sehen wir bis zum Wixberg in Altena und schließlich geht der Ausblick bis zur Oestertalsperre, die von hier aus ganz klein wirkt. Christoph Nolte erzählt von den Versuchen, passende Baumarten zu finden, die mit dem Klimawandel gut zurechtkommen. Er macht uns auf eine vor Jahrzehnten gepflanzte Amerikanische Eiche aufmerksam, die im Ebbegebirge prächtig gedeiht – nur ihr Laub zersetzt sich sehr langsam. Ein Zeichen dafür, dass sie hier noch nicht heimisch ist. 



Moore und Moose

Bald darauf liegen rechter Hand einige der Hangmoore, besonders geschützte Bereiche im Ebbegebirge. Sie bieten Pflanzen nur wenige Nährstoffe, sodass hier nur jene gedeihen, die mit den Bedingungen zurechtkommen. Sonnentau, Wollgras und Moorbirke zum Beispiel. Direkt im Quellwasser wächst das stark gefährdete Torfmoos, das das 30-fache seines Gewichts an Wasser aufnehmen kann. In diesem Bereich zeigt uns Christoph Nolte auch einen der typischen Totholzbäume – ohne Krone, dafür mit vielen Höhlen. „Schwarz- und Buntspechte nutzen die Höhlen zur Brut“, berichtet er. „Oft nisten darin auch Sperber, sie kleben die Löcher teilweise zu. Zuletzt kommen dann die Siebenschläfer und richten sich ein.“

Unter Bäumen empfangen uns dann saftige Moose und ein weiteres weiß blühendes Pflänzlein am Boden. „Schauen Sie sich die Blätter mal genau an“, fordert Christoph Nolte uns auf. Wir erkennen die typische Form des Klees. „Das ist Sauerklee“, erklärt er uns. „Er ist ebenfalls sehr reich an Vitamin C und früher hat man ihn sogar für den Winter konserviert. Auf Klassenfahrten kommt es immer besonders gut an, wenn wir den Sauerklee im Wald pflücken und später Salat daraus machen.“ 



An der ursprünglichen Wegführung des Höhenflugs sind einige Buchen vom Zunderschwamm befallen und drohen umzustürzen, daher folgen wir jetzt einer Umleitung. Wir haben die Spitze der Nordhelle fast erreicht, die eigentlich eher ein Plateau ist. Die Strecke führt an mehreren Flächen entlang, die gerade wiederaufgeforstet werden. In kleinen Plastikrohren stecken junge Stieleichen, gut geschützt vor Wildverbiss. Bis sie weit in den Himmel ragen, wird es viele Jahre dauern. Doch der Anfang ist gemacht. Ansonsten ist die Vegetation hier oben vielfältiger, Weiden sind zu sehen, auch Sträucher wie Schlehen und Schwarzdorn. Am Wegesrand tauchen Waldveilchen in großer Zahl auf, ein wunderschöner Anblick. 

So großblättrig, dass er an Rhabarber erinnert, zeigt sich dann der Pestwurz. Auch hier ist der Name Programm, denn im Mittelalter kochte man daraus einen übel riechenden Sud, der gegen die Pest helfen sollte. Christoph Nolte reibt an einem Blatt und bietet an, daran zu riechen. Wir verzichten dankend. Da gefallen uns der Beinwell am Robert-Kolb-Turm – aus ihm wird laut Christoph Nolte heute noch Schmerzsalbe gemacht – und der Gundermann, beide blühen leuchtend blau, schon besser. Wie Christoph Nolte erzählt, braute man mit letzterem früher sogar Bier, Gundermann ersetzte den Hopfen. Ein gutes Stichwort, denn ein kühles Getränk wäre jetzt, wo der Rundgang fast beendet ist, gar keine schlechte Idee. Doch das Café Nordhelle ist noch geschlossen. Wir sind etwas zu früh dran.



Wusstest du schon, dass ...

… in Südwestfalen zehn Ranger des Landesverbands Wald und Holz Nordrhein-Westfalen (Wald und Holz NRW) Führungen und Wanderungen durchführen?
… Wald und Holz NRW 118.000 Hektar Staatswald in Nordrhein-Westfalen bewirtschaftet?
… dieser Staatswald auch in den Naturparks Nordrhein-Westfalens liegt, z.B. im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge? 

… Naturparks selbst keinen Schutzstatus haben, die darin liegenden Naturschutzgebiete hingegen schon?

… allein im Märkischen Sauerland rund 140 kleinere Gebiete aus verschiedenen Gründen unter Naturschutz stehen?

… dazu zum Beispiel die Hangquellmoore im Ebbegebirge, Buchenwälder um Iserlohn oder die Formationen des Felsenmeers in Hemer gehören?

… es in Naturschutzgebieten nicht erlaubt ist, Beeren und Pilze zu sammeln?

… dir die Ranger gerne Stellen zeigen, an denen das Sammeln erlaubt ist?

… du auch für private Gruppen oder für Schulklassen bzw. Kindergartengruppen zur Umweltbildung einen Ranger buchen kannst?  



Lust, an einer Führung oder Wanderung mit Rangern teilzunehmen?

Dann schau dir am besten das Programm von Wald und Holz NRW an. Hier findest du eine große Auswahl an spannenden Ranger-Führungen in ganz Nordrhein-Westfalen. 




Text: Sabine Schlüter – Die flotte Feder

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