In Werdohl laden fünf markante Felsen zum Klettern ein

Werdohl ist immer für Überraschungen gut. Die Lenne fließt hier durch markante Schleifen und formt als W den Anfangsbuchstaben der Stadt – vielleicht weltweit einmalig. Das Gelände steigt steil an, bis hoch in die waldigen Hänge zieht sich die Stadt. Tagsüber beeindrucken die an den Bergen klebenden Häuser, bei Dunkelheit werfen sie glitzernde Lichter. Dazwischen winden sich Straßen, wie die Strecke nach Neuenrade. Dass Industrie hier eine lange Tradition hat, sieht man unten an der Lenne. Und doch ist es heute besonders das Lenneufer, das zu Freizeitaktivitäten einlädt: beispielsweise an den fünf steilen Kletterfelsen am Lennebogen.


Treffen sich zwei Ehrenamtler in Werdohl am Lenneufer, auf der früheren Straße nach Altena. Der eine spazierend, der andere laufend. Der Spazierer bleibt stehen und schaut an der schroffen Felswand hoch. Der Jogger gesellt sich zum Spazierer und blickt ebenfalls hinauf, um zu entdecken, was der andere sieht. Lenneplatte nennt sich die Wand, über die die beiden damals ihre Blicke schweifen lassen. Weil sie direkt an der Lenne liegt und weil sie trotz ihrer diagonalen Struktur beinahe eine ebene Fläche bildet. Die Männer schweigen. „Einfach toll“, sagt dann der Jogger. Der Spazierer nickt, seine Augen tasten den Fels ab. Dann stutzt er plötzlich und deutet nach oben. „Da sind ja Haken in der Wand!“, sagt er. „Die sind mir ja noch nie aufgefallen!“

„Hm“, antwortet der Jogger. „Wahrscheinlich sind sie von den Belgiern.“ „Von den Belgiern?“, fragt der Spazierer. „Ja, von den belgischen Soldaten, die bis Mitte der 90er in Lüdenscheid stationiert waren. Die haben hier trainiert“, sagt er. „Ach nee. Das ist ja interessant“, sagt der Spazierer und reicht dem anderen die Hand. „Ich bin Manfred Hoh, Sprecher vom Bürgerstammtisch Werdohl.“ „Ach, dann kenne ich Sie sogar aus der Zeitung! Marius Marse von der Freiwilligen Feuerwehr Werdohl“, sagt der Jogger.  „Freut mich“, sagt Hoh und schaut wieder die Felswand hinauf. „Klettern!“, sagt er und nickt. „Das wäre doch eine tolle Sache!“ Der andere schaut ihn an. „Ja!“, sagt Marius Marse und nickt enthusiastisch. Es ist das Jahr 2001. Und so oder so ähnlich wird der gedankliche Grundstein für die Kletterfelsen in Werdohl gelegt. 



Eine Idee, die begeistert

Mit etwas weniger Engagement hätten sich die Wege der Männer vielleicht wieder getrennt, aber das tun sie nicht. Denn zum einen stellt sich heraus, dass der Jogger und freiwillige Feuerwehrmann Marius Marse auch Mitglied im Deutschen Alpenverein ist, Sektion Gummersbach. Für ihn ist das Gespräch eine Art Steilvorlage für Kletterfantasien. Und Manfred Hoh, als Mitglied des Bürgerstammtischs, liegt sowieso immer daran, seine Heimatstadt Werdohl interessanter zu machen. Und so lassen beide gemeinsam ihren Gedanken freien Lauf. An Ort und Stelle überlegen sie gut gelaunt, was man eigentlich machen müsste, um hier einen Kletterfelsen einzurichten. Wie es eben so ist, wenn eine tolle Idee entsteht. 

Als die Männer später beschwingt nach Hause gehen, hat jeder neben dem Namen des anderen auch zahlreiche Einfälle im Kopf. Und dazu den Vorsatz, sich zu dem Thema mit einigen Menschen auszutauschen. Manfred Hoh berichtet auf dem Bürgerstammtisch vom Gedanken, unten an der Lenne am steilen Hang des Remmelshagen, Kletterfelsen einzurichten. Er erzählt von dem jungen Mann mit seinen Kontakten zum DAV Gummersbach und von dessen Elan angesichts dieses ungewöhnlichen Einfalls. „War da nicht auch mal ein Denkmal oberhalb der Felsen?“, fragt einer aus der Runde. „Ja“, sagt ein anderer. „Dort könnte man auch eine Aussichtsplattform einrichten“, sagt ein anderer. 


Doch zunächst macht sich die Idee des Kletterfelsens auf den Weg. In den nächsten Monaten finden viele Gespräche dazu statt. Der Bürgerstammtisch setzt sich mit der Stadt in Verbindung. Die freiwillige Feuerwehr und Mitglieder des DAV Gummersbach begutachten die Hänge. Alle zusammen tauschen sich aus, was konkret passieren müsste, um an den attraktiven Felsen Kletterlinien einzurichten. Tatsache ist: Die Idee begeistert so, dass alle an einem Strang ziehen.  


Ein neues Ausflugsziel in Werdohl

Tatsache ist aber auch: Es ist kein Kinderspiel, den Grauwackefelsen zu einem Kletterfelsen zu machen. Die Stadt Werdohl erteilt zwar alle Genehmigungen, doch der Felsen muss geräumt und geputzt werden. Dabei engagiert sich speziell die Jugendfeuerwehr Werdohl. Im Frühjahr 2002 entfernt sie Bäumchen und Gestrüpp aus Felsspalten, reinigt die Wand mit Hochdruckreinigern von Moosen und Flechten, die beim Auf- und Abstieg gefährlich glitschig werden könnten. Als die Wände vorbereitet sind, beginnen Mitglieder des DAV Gummersbach, an der Lenneplatte Haken für die von Fritz Blach entwickelten Kletterrouten zu setzen. Schließlich sind sie gesetzt und der Kletterspaß kann im Sommer 2002 beginnen. Die Schwierigkeitsgrade liegen zwischen 3 und 8-.

Der Bürgerstammtisch Werdohl – immer auch auf die praktische Seite konzentriert – setzt sich dafür ein, dass Bänke und Tische aufgestellt sowie Fahrradständer installiert werden. Oberhalb der Lenneplatte entsteht, ebenfalls mit Unterstützung örtlicher Sponsoren, eine Aussichtsplattform mit schönem Blick den Hang hinab und über die Lenne. Sie ist über einen schmalen Weg am Anfang der Felsen zu erreichen. Somit ist das begehrte sportliche Ausflugsziel in Werdohl mit einigen zusätzlichen Vorzügen geschaffen – und wird nicht nur von den Einheimischen und den Mitgliedern des DAV Gummersbach gerne genutzt. Da hier sogar die Kleinsten ihre ersten Kletterversuche starten können, sind auch Familien regelmäßige Besucher.




Das nächste Projekt

Im Laufe der Jahre entsteht jedoch der Wunsch nach weiteren Kletterrouten und größeren Herausforderungen. Da die Lenneplatte bei Weitem noch nicht komplett erschlossen ist, entwickeln die Stadt Werdohl, der Bürgerstammtisch, die Werdohler Feuerwehr und der DAV Gummersbach Anfang 2011 zusammen weitere Linien, über die die Lenneplatte erklommen werden kann. Dieses Mal reichen die Schwierigkeitsgrade bis 7. An der Lenneplatte stehen jetzt 15 Kletterrouten zur Verfügung. 

Doch damit nicht genug, wird Ende des Jahres 2011 entschieden, zwei östlich benachbarte Felsen ebenfalls zu erschließen: den Lennewächter und die Denkmalwand. Das Team ist inzwischen gut eingespielt und so entstehen weitere Routen, darunter Space Taxi mit Schwierigkeitsgrad 7+ am Lennewächter und der Denkmalsteig mit Schwierigkeitsgrad 8 an der Denkmalwand. 

Dies war jedoch nicht der letzte Streich der Partner. Denn einige Jahre später wurden zusätzlich zwei Felsen westlich der Lenneplatte erschlossen: die Neunerplatte und der Lennebrüggler. Es entstanden nochmals neue Routen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, sodass an den fünf Felsen heute 28 verschiedene Linien geklettert werden können. Damit sind in den letzten Jahren ansehnliche Kletterparcours entstanden, die kostenlos genutzt werden können und sich großer Beliebtheit erfreuen.

Auch ansonsten tat sich viel rund um die Kletterfelsen, beispielsweise im Zuge des Projekts Lennebogen. Der Eschenbestand an der Altenaer Straße musste im Jahr 2020 gefällt werden. Als Ersatz wurden zuletzt junge Bäume gepflanzt, zumeist Arten, die als klimaresistenter gelten. Zudem wurden Bänke und Tische erneuert.

Es entstand auch eine Boule-Bahn, die inzwischen ebenfalls mit Bänken und Tisch ausgestattet ist und an der in den Sommermonaten reges Treiben herrscht. Auch die Aussichtsplattform oberhalb der Lenneplatte, die inzwischen etwas in die Jahre gekommen war, wurde renoviert. Die offizielle Eröffnung des neuen Lennebogens, an dem sich heute auch eine öffentliche WC-Anlage und ein Unterstand als Wetterschutz befinden, ist für Ende August 2023 geplant.

Über den Lennebogen verläuft übrigens auch die Lenneroute – eine Radroute, die von Winterberg über Schmallenberg, Lennestadt, Finnentrop, Plettenberg, Werdohl, Altena, Nachrodt-Wiblingwerde, Iserlohn-Letmathe und Hagen bis nach Wetter führt. Und so mancher Radler legt hier einen Stopp ein, um zuzusehen, wie emsige Kletterer sich die steilen Hänge hinauf bewegen. 



Wusstest du schon, dass ...

… man an einem Teil der Werdohler Felsen noch erkennt, dass sie aus dem Meeresboden entstanden sind? Sie tragen die typischen Rippelmarken, die man aus dem Watt kennt.

… an den fünf Werdohler Felsen an der Lenne steile Plattenkletterei auf Reibung und feinen Strukturen möglich ist und du sie heute über 28 Linien von einfach bis schwierig erklettern kannst?

… das Klettern aus Naturschutzgründen nur in den markierten Bereichen erlaubt ist? Um den Felskopf zu schützen und zu verhindern, dass sich Steine lösen, ist nur ein seitlicher Ausstieg erlaubt. 

… der Klettersteig an der Denkmalwand (Denkmalsteig) wegen losen Gesteins vorerst abmontiert wurde und somit nicht nutzbar ist? Spätestens 2024 soll er aber wieder freigegeben werden.

… die Plattform oberhalb der Lenneplatte über einen schmalen, steilen Weg erreichbar ist und du mit einem tollen Ausblick belohnt wirst? Das frühere Denkmal auf dem Remmelshagen existiert heute nicht mehr. 

… die beliebte Lenneroute an den Werdohler Kletterfelsen vorbeiführt und viele Radfahrer hier ein Päuschen einlegen?



Schnupperklettern und Kinderklettern an den Werdohler Felsen

Schnupperklettern und Kinderklettern an den Werdohler Felsen

Einige Linien an den Werdohler Felsen eignen sich bestens für Einsteiger und Kinder. Zweimal im Jahr gibt es die Möglichkeit zum Schnupperklettern. Zu besonderen Gelegenheiten findet auch spezielles Kinderklettern statt. 


Weitere Informationen erhältst du bei:
 

Manfred Hoh
Telefon 02392-721769
manfred.hoh@googlemail.com
 

Und wenn du im Märkischen Sauerland auch mal woanders oder unabhängig von der Jahreszeit klettern möchtest, schau dir die Kletter-Tipps auf unserer Website an. Zum Beispiel wurde Ende April 2024 ein neues Klettergebiet mit 13 Routen Am Hülloch in Kierspe eröffnet.




Literatur

Fritz Blach, Land der tausend Berge – Kletterführer Sauerland, 2013, Halle
Bürgerstammtisch Werdohl

 

Text: Sabine Schlüter – Die flotte Feder

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