Faszination Ebbemoore: Auf Entdeckungstour rund um die Listerquelle

Drei Tage vor Herbstanfang. Der Himmel schert sich nicht um den Kalender. Strahlend blau zeigt er sich bereits in klarer, herbstlicher Weite. Zuckerwatte-Wölkchen verstärken den Eindruck. Der Wind weht kräftig, gefühlt kurz vor der Waldbesuch-vermeiden-Grenze. Doch auf den 4,7 Kilometern auf dem Wanderweg A5 namens Faszination Ebbemoore bei Meinerzhagen wird das schon gutgehen. 


Heute also eine Single-Tour. Ohne Guide oder Ranger und ohne Begleitung. Alles wird auf eigene Faust erkundet. Tief in den Wald scheint die Erlebniswanderung im Lister-Quellgebiet zumindest nicht zu führen, der Blick auf die Strecke, die Richtung Norden leicht ansteigt, reicht weit. Meine erste Station ist der Plan, auf dem die Route A5 eingezeichnet ist. Sieht einfach aus, doch ich werfe trotzdem die App an. Auch auf 4,7 Kilometern könnte man sich verlaufen.  

In der Kurzbeschreibung im Netz heißt es, dass auf der Strecke auch zwei Hörspielstationen der Sagenwelt Oben an der Volme abzurufen sind. Die erste entdecke ich an der Bank hinter mir: ein Schild mit dem Hinweis Der Willertshagener Teufelsstein und einem QR-Code. Willertshagen ist der kleine Ort, durch den ich zum Wanderparkplatz Stoltenberg gekommen bin. Doch wo ist dieser Stein? 


Alles ziemlich übersichtlich

Na ja, ich lausche erstmal, was dazu erzählt wird. Und sie ist schon ein bisschen gruselig, die Geschichte vom Teufel, der im Ebbegebirge saß und sich über das Glockengeläut der Jesus-Christus-Kirche im nahe gelegenen Meinerzhagen so aufregte, dass … Nein, mehr wird nicht verraten. Aber der Teufelsstein selbst ist ein markanter Brocken mit merkwürdigen Kerben aus Grauwacke. Er liegt im Schatten der beiden Hinweistafeln in einer wilden Wiese.

Inzwischen ist ein weiterer Wagen angekommen, ein Paar steigt aus. Ein freundliches Hallo, ein kurzer Blick auf die Karte und schon gehen die beiden den Willertshagener Weg hinauf. Ich sortiere mich noch und folge kurz danach auf dem breiten Weg in 200 Metern Abstand. In der linken Hand die App, in der rechten das Smartphone zum Fotografieren. 

Der Eindruck, dass es keine direkte Waldwanderung wird, bestätigt sich schnell. Auf den ersten 500 Metern stand auf einigen Flächen rechts, also westlich, den Hang zum Rothenstein hinauf und links zur Österhöh hinauf, wohl mal Fichtenwald. Jetzt nicht mehr. Ich habe beiderseits weite Sicht nach oben. Und gelegentlich gibt’s einen großen Holzstapel am Wegesrand. 

Aber der Wald regeneriert sich offensichtlich. Auf den Sukzessionsflächen wachsen junge Bäumchen, Sträucher und Wildblumen. Allen voran mal wieder die Birken als Pioniere. Kurz vor der Herbstfrische scheint hier alles nochmal aufzudrehen, um diese Augenweide zu produzieren. Eher nicht dem Menschen zu Gefallen, doch umso mehr zu schätzen. Obwohl der Sommer mehrere sehr heiße Phasen hatte, ist alles noch erstaunlich grün – auch die Laubbäume in der Ferne. Die Wildblüten sorgen für Farbenpracht und auch die Insekten vom Schmetterling über die Libelle bis zur Wildbiene sind noch fleißig unterwegs. 



Vorboten der Ebbemoore

Irgendwo hier ist also die Grundlose, das Quellgebiet der Lister, mitten in den Ebbemooren. Tatsächlich stoße ich plötzlich auf Wasser – gar nicht mal so wenig, mitten auf dem Wanderweg A5. Scheinbar hat es sich einen Übergang gesucht, denn der von links kommende, glasklare Bach rauscht rechts munter weiter. Die Lister macht laut Karte eine ähnliche Biege, allerdings erst weiter oben. Ich überquere den Bach an einer schmalen Stelle. 

Soweit ich sehe, bin ich noch nicht auf der Höhe der Moore. Sie müssten am westlichen Hang noch weiter nördlich liegen. Es geht weiterhin dezent bergan, meine Vorgänger bleiben in Sichtweite, ungefähr im gleichen Tempo. Immer wieder plätschert es munter am Wegesrand. Wieder kreuzt ein Bach den A5. Ist das die Lister? 

Jetzt wäre ein Naturpark-Ranger an der Seite echt prima. Doch ich denke, sie ist es. Denn westlich des Wegs ändert sich der Bewuchs: Viele Birken, viele Sträucher, viel Gebüsch. Und mittendrin dann ein fast zugewachsenes Holzschild. GRUNDLOSE steht dort in großen Buchstaben. QUELLGEBIET LISTER und Nicht betreten. 

Ich bin da! Hier ist das Hochmoor und hier muss sie irgendwo sein, die Listerquelle. Könnten auch viele kleine Quellen sein. Also war das letzte Bächlein vorhin tatsächlich die Lister, die neben der Hauptquelle noch aus weiteren kleinen Rinnsalen gefüttert wird. Verrückt aber, dass so ein kleiner Bach später einen ganzen Stausee, die Listertalsperre, füllt – und noch eine zweite, die Biggetalsperre, speist. Natürlich nimmt die Lister auf ihrem 19 Kilometer langen Weg noch von allen Seiten Wasser auf. Aber ein Strom wird sie nicht.




Grundlose in ganzer Pracht

Ich nähere mich jetzt der Aussichtsplattform zum Hochmoor Grundlose. Das wandernde Paar verlässt sie gerade, ich nicke den beiden zu. Von hier aus hat man einen tollen Blick übers Moor – wobei man den feuchten Grund nur erahnen kann. Aber eine schöne Aussicht ist es in dieses leicht ansteigende Gelände mit den seltenen Hangmooren, das fast etwas Verwunschenes hat.  

Auch die Erläuterungen zur Pflanzenwelt sind interessant: Die Karpatenbirken sehe ich vor mir, die Moorlilie hatte ich bereits entdeckt, das Wollgras und auch die Glockenheide, die in voller Blüte steht. Der Rundblättrige Sonnentau hätte mich interessiert, so als fleischfressende Pflanze. Hat aber vielleicht gerade keine Saison.

Dann finde ich die zweite Hörspielstation, auf der linken Seite der Plattform. Dieses Mal geht es um die Römer in der Grundlose. Das Geheimnis der Ebbemoore muss also sehr, sehr alt sein. Zu hören gibt es einen Bericht des Feldherrn Quintus Flavius Maximus über seine Kämpfe gegen die Sigamberer, die er letztlich sogar Barbaren nennt. Weil er sie unterschätzt hat und die Geschichte für ihn besser hätte ausgehen können. 

Wer des Nachts an den Ebbemooren entlangkommt, soll heute noch manchmal Irrlichter sehen. Spukende Römer, sagen die einen, was zu diesem verzauberten Ort passen würde. Die anderen, eher wissenschaftlich drauf, sagen allerdings etwas anderes. Doch was dahintersteckt, werde ich erst auf der letzten Tafel am Weg lesen.      



Jetzt aber geht es erstmal weiter bergan, bis zum ersten Abzweig. Der Rundweg führt an drei Seiten am Moor vorbei. An der Waldweg-Kreuzung findet sich ein solider Unterstand, der bestimmt nicht nur von Wanderern, sondern auch von Forstleuten genutzt wird. Gut zu wissen, denn nicht immer ist das Wetter so toll wie heute. Meine Vorgänger verlassen den Unterstand gerade und biegen ab. Mir zeigt sich dort nochmal ein schöner Blick auf die Moorlandschaft mit ihrer üppig wuchernden Vegetation. Dann biege auch ich links ab und leide bis zum nächsten Abzweig mit einigen abgestorbenen Fichten, die wie gerupft in den Himmel ragen. 

Erst im Leyenweg, der kurz darauf nach links führt, zeigt sich ein anderes Bild. Denn auf der rechten Seite wächst augenscheinlich intakter Laubwald. Auf der anderen Seite liegt jetzt die Grundlose, das abschüssige Gelände des Naturschutzgebiets ist hier umzäunt. Aber wer würde schon freiwillig ins Moor gehen?

An einer Hinweistafel erfahre ich, dass das Moor sogar vom Fichtennachwuchs befreit wird, da die Bäume mit ihrem jährlichen Flüssigkeitsbedarf den Wasserhaushalt des Moores negativ beeinflussen. Interessant! 



Panoramablicke in alle Richtungen

Hinter dem Laubwald hole ich das Paar ein, das den Panoramablick Richtung Nordwesten mehr diskutiert als genießt, und geselle mich dazu. Gemeinsam versuchen wir herauszufinden, welche Orte und Siedlungen wir sehen. Ohne Erfolg, wir wissen es nicht genau. Aber fest steht, was wir hören. Denn obwohl die BAB 45 nicht zu sehen ist – von hier aus betrachtet, verläuft sie tief im Tal – schallt ihr Verkehrslärm herauf. Das stört die Idylle ein bisschen, doch ich wende mich einfach wieder den vielen kleinen Blüten zu, der Großen Sternmiere oder dem Tausendgüldenkraut zum Beispiel, die mich am Wegesrand erwarten. Ich verabschiede mich, folge weiter dem Wanderweg A5, während meine Vorgänger zu meinen Nachfolgern werden.

Nach dem nächsten Abzweig auf den Neuen Weg neigt sich einerseits der Hang zur Grundlose. Auf der anderen Seite sehe ich Orte, womöglich Meinerzhagen oder Kierspe. Am Wegesrand finden sich jetzt zum Beispiel Bauernorchideen, Kunigundenkraut und Borretsch. Den ganzen Sommer hatte mich die wilde Blütenvielfalt auf Weiden und an Wegesrändern schon fasziniert – nicht nur im Märkischen Sauerland. Ich bin froh, jetzt noch einige Exemplare in meinem virtuellen Fotoalbum einzusammeln.



Die A5-Strecke führt jetzt in Richtung Süden und steigt noch mal leicht an, den Rothenstein hinauf. Alles ist ohne Anstrengung zu machen, zumal der Weg zwischenzeitlich auch angenehm von Bäumen beschattet ist. So sehr, dass sich schon die ersten Pilze zeigen. Ob sie essbar sind, wage ich nicht zu beurteilen. Im weiteren Verlauf eröffnet sich jetzt auch in Richtung Osten ein Panorama. Hier allerdings sind keine Siedlungen mehr zu sehen, sondern bis zum Horizont die mal mehr und mal weniger bewaldeten Hänge des Ebbegebirges. Und unten der Wanderweg, über den ich gekommen bin. 

Immer wieder fotografiere ich Pflanzen wie den Roten Fingerhut und Unmengen an Schmalblättrigen Weidenröschen, den Weg, Aussichten und Bäume. Die Tafeln natürlich: Eine informiert über die Insekten, die in der Grundlose unterwegs sind, eine weitere nimmt die Römer-Sage wieder auf. Und dann macht der eine Smartphone-Akku plötzlich schlapp. Autsch! Schneller Blick aufs andere Handy, es hat noch genug Saft, mich zurückzuführen. Leider keine Garantie dafür, dass ich den richtigen Weg nehme, denn kurz darauf verpasse ich einen Abzweig. 



Laut App stehe ich plötzlich in der Pampa. Stimmt natürlich nicht, ich stehe definitiv auf einem sehr breiten Weg – nur eben auf dem falschen. Interessante Erfahrung, ich hatte kein A5-Schild mehr gesehen. Ich muss ein Stück zurücklaufen, um den letzten Abschnitt zu finden. Der verläuft tatsächlich auf einem dieser schmalen Waldwege, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne. Damals habe ich die breiten Wege gemieden. Wenn man einen Wald kennt, kann man das machen. Und wenn er nicht in einem Naturschutzgebiet liegt, natürlich. 

Jetzt also geht es dezent abwärts, ein bisschen über Stock und Stein. Schon bald sehe ich den Parkplatz rechter Hand liegen. Schneller als erwartet bin ich dort. Ich beglückwünsche mich zur Entscheidung, die App zu nutzen. Vor allem zum separaten Smartphone. Sonst wäre ich den alten Römern vielleicht doch noch bei Dunkelheit begegnet. 

Doch so wechsele ich meine Schuhe, sortiere meinen Kram und mache mich startklar. Der Wagen meiner Nachfolger direkt nebenan, sie selbst sind weit und breit nicht in Sicht. Schon unterwegs hatte ich mich ein paarmal gewundert, sie nicht mehr zu sehen. Vielleicht haben sie eine andere Strecke genommen. Vielleicht hatten sie keine App. Vielleicht warten sie auch einfach auf die Nacht und freuen sich schon auf gruselige Begegnungen mit den örtlichen Sagengestalten.


Wusstest du schon, dass ...

… hohe Niederschläge und schneereiche Winter die Moore im Ebbegebirge entstehen ließen?

… du auf dem Rundweg Faszination Ebbemoore an 5 Stationen Hintergründe zu den Mooren, ihren Bewohnern, ihren Pflanzen und mehr erfährst? 

… der Wanderweg A5 / Faszination Ebbemoore teilweise auf der ehemaligen Eisenstraße verläuft? Ungefähr auf der Höhe der Listerquelle sind noch einige Hohlwege zu erkennen. 

… sich einige Sagen um das Ebbegebirge und die Grundlose ranken? Sie gehören zur Sagenwelt der Region Oben an der Volme. Zwei der Sagen lernst du auf der Wanderung Faszination Ebbemoore an Hörstationen kennen.
 


Du möchtest gerne die Ebbemoore erkunden?

Die Grundlose ist das größte Hochmoor im Ebbegebirge, aber du kannst solche geschützten Zonen an mehreren Stellen am Wegesrand sehen. An der Nordhelle führt der Sauerland Höhenflug über Stege sogar unmittelbar durch ein Moorgebiet:


Text: Sabine Schlüter – Die flotte Feder

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