Der größte Stadtturm berichtet aus der Mendener Stadtgeschichte

Wer jemals mit einer Achterbahn gefahren ist, kann sich ungefähr vorstellen, wie sich die Geschichte der Stadt Menden entwickelt hat. Seitdem hier im 9. Jahrhundert eine befestigte Ortschaft entstand, wurde sie immer wieder zerstört – durch Angriffe und Kriege, aber auch durch Stadtbrände. Es grenzt an ein Wunder, dass in der Altstadt historische Gebäude erhalten sind. Zum Beispiel der Poenigeturm, der hier seine Geschichte erzählt. 


Ihr werdet es nicht glauben, aber ich werde schon bald 680. 680 Jahre sind kein Pappenstiel, da ächzt und pfeift es schon ein bisschen im Gebälk. Vor allem habe ich in dieser Zeit vieles erlebt. Auch einiges, das ich lieber nicht erlebt hätte. 1344 wurde mit meinem Bau begonnen, da war Menden schon 68 Jahre offiziell zur Stadt erklärt. Vorher war die sogenannte Villa Munita zwar auch befestigt, aber nicht mit einer Stadtmauer und zwölf Türmen. Deswegen war sie ja so oft zerstört worden. 


Erst langsam, dann ganz schnell

Doch zurück zu mir: Nach der Stadtgründung 1276 vergingen also viele Jahre, bis ich hier in meiner ganzen quadratischen Pracht stand. Früher wäre besser gewesen, aber hinterher ist man immer schlauer. Auch die Stadt erlebte viele Überfälle, meistens durch die Grafen von der Mark, manchmal auch von denen aus der Grafschaft Arnsberg. Als Graf Adolf IV. von der Mark Menden 1344 zum x-ten Mal komplett zerstörte, reichte es dem Erzbischof Walram von Jülich endgültig. In kurzer Zeit ließ er die Stadt wieder aufbauen. Außer mir ließ er elf Türme errichten, zwischen uns eine hohe Stadtmauer ziehen und vor der Mauer einen tiefen Graben anlegen. Auf seinem Wall verlaufen heute die Straßen um die Altstadt, ihr erkennt das an den Namen: Nord-, Ost-, Süd- und Westwall. 

Im Südwesten, nicht weit von hier, baute er außerhalb der Mauer, aber innerhalb des Grabens die kleine wehrhafte Burg wieder auf, die dort vorher schon gestanden hatte. Sie wurde später Mendener Schloss genannt. Der Rentschreiberturm, heute neben dem Teufelsturm mein letzter Turm-Kumpel, gehörte dazu. 

Endlich wurde meine Stadt Menden zu einer schwer einzunehmenden Grenzfestung des Herzogtums Westfalen im kurkölnischen Herrschaftsbereich. Und ich war stolz, ein Teil davon zu sein. 


Grausame Zeiten

Erstmal blieb Menden also verschont, zumindest die Zeit der völligen Zerstörungen war vorbei – wenn auch nicht die der Eroberungen. Aber wir waren ja schon glücklich, dass unsere Stadt erhalten blieb. Doch, was soll ich sagen, es kamen einschneidende und blutige Zeiten auf uns zu. Menden gehörte wie schon gesagt zum Herzogtum Westfalen, das im Kurkölner Herrschaftsbereich lag. Und das Herzogtum Westfalen bildete einen unrühmlichen Schwerpunkt der Hexenverfolgungen im Heiligen Römischen Reich des 16./17. Jahrhunderts. Wie viele sauerländische Städte war da auch Menden leider keine Ausnahme. 

Bei uns dauerten die Hexenverfolgungen bis 1631 – mitten im Dreißigjährigen Krieg übrigens. Es waren nur wenige Jahre, jedoch von Denunziationen und Hinrichtungen geprägt. Mir läuft bis heute ein Schauder durch die Balken, wenn ich an diese Zeit denke.

Schließlich stand ich nicht nur mitten im Geschehen, das Geschehen war in mir.  Denn hier, in meinen Mauern war schon länger ein Gefängnis eingerichtet worden – daher auch mein Name, denn poena bedeutet auf Lateinisch Strafe. Jedenfalls sind in dieser Zeit mehr als 100 Menschen bei den Folterungen im Keller des früheren Rathauses durch die Hölle gegangen. Manche verloren dabei ihr Leben, manche erst bei ihrer Hinrichtung.

Nur eine, die Dorte, widerstand den Folterungen. Ihr tapferes Schweigen in meiner kalten und dunklen Einsamkeit rettete vielen weiteren möglichen Opfern das Leben. Nach Dorte Hilleke haben die Mendener viel später die städtische Bücherei am Marktplatz benannt. Im Gedenken an sie und die vielen Opfer der Hexenverfolgungen



Und auch ich selbst wurde vor Kurzem zu einem Ort der Erinnerung. Im Archiv unserer Pfarrkirche St. Vincenz werden Protokolle zu 47 Hexenprozessen aufbewahrt, die von schlimmsten Folterungen berichten. Für die mehr als 100 dort genannten Opfer der Verfolgung fertigten zwei Künstlerinnen 47 schwarze Schreine aus Ton und Glas, die jetzt eine Ausstellung bilden. Wenn man mich gefragt hätte, wären es sicher noch mehr Monumente geworden. Schließlich bin ich ein Augen- und Ohrenzeuge. Doch auch so ist es ein gutes Gefühl, nach all den Jahren ein Gedenkort zu sein. Es lindert meinen Schmerz ein bisschen.


Kriege, Brände, Pest

Aber die Geschichte meiner Stadt war ja noch nicht zu Ende. Sie ist natürlich auch heute nicht zu Ende, steht in voller Blüte, aber wir waren ja mitten im Dreißigjährigen Krieg. 1618 hatte er begonnen und abgesehen von ein paar Belagerungen waren wir ziemlich verschont geblieben. Bis uns 1634 die Hessen angriffen, eroberten und plünderten. 

Das versetzte uns einen herben Schlag, war aber harmlos im Vergleich zum ersten großen Stadtbrand drei Jahre später. Die elf Türme, die Stadtmauer und ich hatten ja Glück, weil wir hauptsächlich aus Stein bestanden. Aber ansonsten war fast alles aus Holz. Und so verbrannten zahlreiche Wohnhäuser, die Schule, das Rathaus und der Kirchturm

Ich weiß nicht warum, aber innerhalb kurzer Zeit 1652 und 1663 wurden wir von zwei weiteren verheerenden Bränden heimgesucht, die die Altstadt praktisch komplett zerstörten. Zu allem Überfluss brach zwischen den beiden Bränden auch noch die Pest aus. Die Stadt verlor in diesen Zeiten nicht nur viele Häuser, sondern auch viele Einwohner. 

Ihr seht: Das Leben war für die Menschen wirklich kein Zuckerschlecken. Zerstörung und Verluste waren an der Tagesordnung. Doch die Mendener verließ nie der Mut. Auf den alten Fundamenten bauten sie unsere Stadt immer wieder auf. Nach dem dritten Großbrand im 17. Jahrhundert erhielten sie vom Landesherrn 1500 Reichstaler für den Wiederaufbau. Allerdings unter der Auflage, künftig nur noch Dachziegel aus Stein zu verwenden. Zudem sollten sie die Straßen verbreitern und Feuerlöschgeräte anschaffen.


Das Ende der Befestigung

Immerhin lernten die Menschen dazu, zum Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrhunderts bauten sie mehr und mehr steinerne Häuser. Einige von ihnen könnt ihr bis heute bewundern. Die Alte Pastorat aus dem Barock zum Beispiel. Diese Mauern haben den Stadtbrand überlebt, der Rest wurde wieder aufgebaut. Oder das etwas jüngere Biggelebenhaus. Die Bürgerhäuser sahen etwas anders aus, beispielsweise wie die Fachwerkbauten in der Pastoratsstraße. Doch klar, es konnte sich nicht jeder leisten, aus Stein zu bauen. Baumaterial war knapp und teuer. 

Vielleicht war das auch einer der Gründe für etwas, was ich nur schwer begreifen konnte: Im 18. Jahrhundert verfielen die Stadtmauer und einige der Türme. Und anstatt etwas dagegen zu unternehmen, begannen die Mendener Ende des Jahrhunderts die Stadtmauer und neun meiner Turm-Kumpels abzubrechen. Ich verstehe ja, dass es lange keine Überfälle mehr gegeben hatte. Aber dass wir einfach verschwinden sollen, hätte ich nie erwartet. Und ich weiß ehrlich auch nicht, warum der Teufelstum, der Rentschreiberturm und ich verschont wurden. Wenn ich könnte, würde ich darüber jetzt noch mein Dach schütteln. 



Und dann? Kam Napoleon. Beziehungsweise seine Verbündeten aus Hessen-Darmstadt. Menden wurde besetzt und dieses Mal hielt sich mein Mitleid wirklich in Grenzen. Doch ich oder zumindest mein Fundament war mittlerweile 530. Wenn man so alt ist und schon so viel gesehen hat, dann weiß man, dass auch ein Napoleon nur eine vorübergehende Erscheinung ist. 


Wirtschaftliche Veränderungen

Danach war Menden plötzlich preußisch. Für mich als stillen Beobachter machte das allerdings keinen Unterschied. Auch später im 19. Jahrhundert war das Leben in Menden immer wieder geprägt von Kriegen, Mitte des Jahrhunderts von der Deutschen Revolution. Doch die Stadt, die übrigens wuchs, wurde nicht zerstört. Irgendwo außerhalb meiner Kernstadt entstand ein Bahnhof, denn 1872 wurde Menden ans Bahnnetz angeschlossen und lag dann an den Schienen nach Fröndenberg

Ab 1912 gab es den Anschluss durchs Hönnetal nach Balve, später bis nach Neuenrade. Wie ich sehen kann, fährt hier noch immer die Hönnetal-Bahn. Das scheint sich vorteilhaft auf die industrielle Entwicklung ausgewirkt zu haben. Aber was da genau passierte, habe ich nicht mitbekommen. Nur, dass im Stadtkern immer prächtigere Häuser entstanden. 

Richtig schön wurde Anfang des 20. Jahrhunderts auch ein neues Rathaus am Marktplatz. Jugendstil ist wirklich hübsch. War aber auch nur eine Phase. Wie die Zeit vergeht, erkenne ich daran, dass das Gebäude heute das Alte Rathaus ist. Drinnen ist jetzt die Dorte-Hilleke-Bücherei zu Hause. 

Leider blieb das 20. Jahrhundert nicht so ruhig. Ihr alle kennt die tiefen Einschnitte, die dessen erste Hälfte nicht nur Europa bescherte. Ein erster Krieg erfasste die ganze Welt. Über die Untaten des NS-Regimes in den 1930er und 1940er Jahren seid ihr sicher informiert. Menschen wurden verfolgt und getötet, der Zweite Weltkrieg entfesselt. Für die Opfer unter den jüdischen Einwohnern haben die Mendener einen Ort des Erinnerns, symbolisiert durch einen zerschlagenen Davidstern in der Hochstraße eingerichtet. Am Standort der früheren Synagoge, die in der Pogromnacht 1938 geschändet und 1952 abgerissen wurde. Zwei Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg brachten Menden schwere Zerstörungen, aber die Gebäude ließen sich erneuern.  


Ruhe nach den Stürmen

Doch seither ist wirklich Ruhe eingekehrt. Seit bald 80 Jahren jetzt. Ich weiß nicht, wie weit sie reicht, aber in unseren Breiten haben die Menschen eine gemeinsame Basis gefunden, die auf Frieden setzt und nicht auf Krieg. Und ich wünsche mir sehr, dass diese Basis erhalten bleibt. Mindestens die nächsten 680 Jahre. Nicht nur den Menschen, auch meiner Stadt, die sie heute Altstadt nennen, tut das gut.

Keine Zerstörungen mehr, sie wird immer hübscher. Fachwerkhäuser und Bürgerhäuser, das Schmittmannhaus, die Biggelebenhäuser und das Schmarotzerhaus aus verschiedenen Epochen erstrahlen in altem Glanz. So manches historische Gebäude wird auch jetzt noch saniert. Und ihr könnt daran die Geschichte meiner Stadt ablesen. 


Du möchtest mehr über die Mendener Altstadt erfahren?

Dann begib dich auf die Spuren der Geschichte des Poenigeturms. Auf unserer Altstadt-Rallye hast du die Chance, die Stadt und ihre geschichtliche Achterbahn-Fahrt auf ganz besondere Art kennenzulernen. Die Rallye führt dich wie eine Schnitzeljagd durch die Mendener Altstadt. Sie leitet dich zu den wichtigsten Stationen der Stadtgeschichte, von denen auch der Poenigeturm erzählt. An allen Stationen kannst du jeweils eine Frage beantworten. Wenn du genau hinschaust, findest du die passende Antwort ganz schnell! 

Freu dich darauf, bei dieser Gelegenheit auch unserem Geschichtenerzähler, den Poenigeturm, persönlich zu begegnen. Und ganz nebenbei erfährst du auf deiner Rallye Dinge, die du bestimmt noch nicht wusstest. Zum Beispiel, was eine Hagelbette ist, oder wie es zu den Mendener Stadtfarben kam. 

Mitmachen ist ganz einfach. Lade dir den Rallye-Flyer herunter und los geht’s!

Rallye-Download


Wusstest du schon, dass ...

… du den Poenigeturm besichtigen kannst?

… der Turm vier Stockwerke hat?

… neben dem Poenigeturm noch der Teufelsturm und der Rentschreiberturm von der alten Stadtmauer erhalten sind?

… die Mendener im Mittelalter zu Armbrustschützen ausgebildet wurden und ihre Pfeile auch aus den schmalen Schießscharten abschossen? 

… im Teufelsturm heute das Museum der Westfälischen Fastnacht untergebracht ist?


Du hast Lust auf noch mehr Geschichte(n)?

Mendens Geschichte hat noch viele weitere spannende Aspekte. Einige davon findest du zum Beispiel hier: 


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